© Diözese Eisenstadt

Die Caritas seit 1900

Die österreichischen Anfänge

Kurz nach der Jahrhundertwende finden in Österreich erste Caritaskongresse statt. Noch vor dem Ersten Weltkrieg wird beschlossen, Caritasverbände nach deutschem Vorbild zu gründen. Die Hilfe kann somit besser koordiniert werden.
In den ersten Jahrzehnten ist Caritasarbeit vor allem Nothilfe: Ausspeisungen und Kleiderabgaben lindern die Not der Bevölkerung während und nach dem Ersten Weltkrieg. Im Zuge der Kindererholungsaktion finden tausende Kinder aus den Städten Erholung bei Familien auf dem Land.
Die "Caritas-Sterbevorsorge" bietet ärmeren Menschen die Möglichkeit, sich ein christliches Begräbnis zu sichern. Die "Bahnhofsmission" der Caritas kümmert sich vorwiegend um alleinreisende Mädchen, Heimkehrer, Vertriebene und Flüchtlinge.

Unterdrückung durch NS-Regime

Trotz starker Behinderung und der Auflösung von Hilfsorganisationen geht die Arbeit weiter: "Nichtarische" Familien erhalten Hilfe und Auswandererfürsorge. Eine Hilfsstelle im Erzbischöflichen Palais in Wien beherbergt verfolgte Katholiken. Jüdischen Kindern werden Taufscheine ausgestellt, um sie vor den Nazis zu schützen.

Nachkriegszeit

Auf ihrer ersten Zusammenkunft kurz nach Kriegsende beschließt die Österreichische Bischofskonferenz, in jeder Diözese eine Caritasstelle als "bischöfliches Werk ohne Vereinsstatut" einzurichten. 1945 bestand die Caritas im Burgenland ausschließlich aus dem Caritasdirektor, seiner Sekretärin und dem Chauffeur, der die internationalen Hilfslieferungen im Burgenland verteilte. Es gab nach dem Krieg keine eigenständige Diözese Eisenstadt. Deshalb begann die Caritas 1945  als Teil der Apostolischen Administratur Burgenland mit Sitz in Bad Sauerbrunn. Ihr damaliger Sekretär, DDr. Stefan Laszlo, wurde mit Dekret vom 12.11.1945 zum ersten Caritasdirektor für das burgenländische Gebiet ernannt.
Die Caritashilfe in der Nachkriegszeit ist vor allem Inlandsarbeit: Hilfe für Hungernde, Vertriebene und Kriegsheimkehrer. Nordamerika, die Schweiz, Schweden und andere Staaten helfen mit Geld- und Sachspenden, die Caritas hilft bei der Verteilung. Vor allem geistliche Schwestern vom Orden der "Schwestern vom Göttlichen Erlöser" sind Pioniere und Helfer der Caritas in ihren Anfängen hier im Burgenland.
In den ersten Nachkriegsjahren werden mehr als 250.000 Anfragen an den "Zentralen Suchdienst" der Caritas bearbeitet, 38.000 können positiv erledigt werden.
Ab 1949 bitten zahlreiche Helferinnen und Helfer der Caritas aus den Pfarren bei der Haussammlung um Geldspenden.

Kindererholungsaktionen...

... werden wieder organisiert, nachdem sie in den Jahren zuvor von der NS-Volkswohlfahrt verboten wurden. Österreichweit werden in der Zeit von 1945-55 außerdem rund 600.000 Kinder und Jugendliche in 909 Kindergärten und Heimen betreut.
1948 wird in Innsbruck die erste Caritas-Familienhelferin angestellt, wenig später folgen Familienhelferinnen in Graz, Linz, Salzburg und Vorarlberg: Die Familienhelferin springt ein, wenn die Mutter durch Erkrankung oder Entbindung ausfällt.
Die 1950 von Prälat Leopold Ungar ins Leben gerufene SOS-Aktion bittet in regionalen Zeitungen und im Rundfunk um Hilfe für in Not geratene Mitbürger. Ursprünglich nur als eine einmalige Aktion in einer katholischen Wochenzeitung gedacht, entwickelt sich bald ein eigenes Referat.

Übersiedlung nach Eisenstadt

1951 übersiedelt die Caritas mit der Apostolischen Administratur nach Eisenstadt in den neu erbauten Bischofshof. 1954, als DDr. Stefan Laszlo zum Apostolischen Administrator ernannt wird, übernimmt Prälat Johann Ettl die Leitung der Caritas. Die Fünfzigerjahre sind geprägt vom Wiederaufbau im Burgenland. Für den Aufbau von Häusern und Wohnungen kann die Caritas durch kleine Wohnbaudarlehen viel beitragen. Ebenso finden Studenten, Schüler und Lehrlinge Unterstützung, kranken und behinderten Menschen werden leihweise Rollstühle überlassen. So wird die Caritas auch Mitgründerin des heutigen Psychosozialen Dienstes.

Das Jahr 1956

Die Revolution in Ungarn und der Einmarsch sowjetischer Armeeeinheiten löst eine Massenflucht aus. Am 15. Dezember sprengen sowjetische Soldaten die Brücke von Andau, über die bis dahin mehr als 70.000 Ungarn die Flucht gelungen war. Bis Jänner  1957  sind nach offiziellen Meldungen 163.863 Flüchtlinge aus Ungarn ins Burgenland gekommen. Die Hilfe der Menschen für die Flüchtlinge ist überwältigend: Sie leisten Geld-l und Sachspenden und ermöglichen dadurch der Caritas, Flüchtlingslager zu errichten und die Menschen mit Medikamenten, Kleidung und Lebensmitteln zu versorgen. Schon damals haben die Burgenländer bewiesen, was es heißt, Nachbarn in Not zu helfen.

Caritas Direktor Dr.Dr. Stefan Laszlo bei der bei der Ungarnhilfe 1956

Caritas Direktor Dr. Dr. Stefan Laszlo packt mit an bei der Caritas Ungarnhilfe © Diözese Eisenstadt

Frau mit zwei Kindern vor der Fahrende Kirche im Flüchtlingslager der Ungarnhilfe 1956

Familie steht vor der fahrende Kirche im Flüchtlingslager nach 1956. © Caritas

Menschen Warten im Flüchtlingslager der Ungarnhilfe 1956

Bild aus dem Flüchtlingslager nach dem Ungarnaufstand 1956. © Caritas

Die 60er Jahre bis heute

Die "Wirtschaftswunderjahre" haben Folgen: Menschen, die den neuen Belastungen nicht standhalten, geraten ins Abseits.
Die Familienbande werden lockerer, die Anforderungen vor allem an alleinerziehende Mütter steigen. Die Caritas reagiert auf die gesellschaftlichen Veränderungen: Die Tätigkeitsbereiche werden stärker gegliedert, neue Referate entstehen. Individualhilfe und Sozialberatung lösen die Nothilfe der Nachkriegszeit ab. Ehe-, Familien und Lebensberatung werden österreichweit ausgebaut. Die Caritas Linz, Graz und Feldkirch richten zwischen 1955 und 1960 ein eigenes Referat für die Betreuung von Menschen mit Alkoholproblemen ein. Die Caritas Feldkirch eröffnet 1964 ihre erste Behindertenwerkstätte. Österreichweit werden Krankenfürsorge und mobile Altenbetreuung ausgebaut. Zahlreiche Altenwohnheime entstehen.

Neue Schwerpunkte

Der Ausbau der Hilfe für obdachlose und von Obdachlosigkeit gefährdete Menschen ist Schwerpunkt der Österreichweiten Caritasarbeit in den achtziger Jahren. Allein die Wiener Caritas eröffnet in dieser Zeit drei Häuser für obdachlose Frauen und Männer. Die Caritas Innsbruck schafft Wohnplätze für obdachlose Jugendliche und betreut ein Beschäftigungsprojekt für arbeitslose junge Erwachsene. Österreichweit bietet die Caritas Beratung und Hilfe für Menschen in finanziellen Schwierigkeiten an. Die Arbeit mit behinderten Menschen wird ausgebaut: Kleine Wohneinheiten entstehen, wo Kinder und Erwachsene mit Behinderungen eine geschützte Atmosphäre erleben.

1989 der Eiserne Vorhang fällt...

...und Ungarn setzt das Reiseverkehrsabkommen mit der DDR außer Kraft. Das Ergebnis: 110.000 Ostblockflüchtlinge strömen ins Land. Und wieder beweisen die Burgenländer ihre Hilfsbereitschaft.  Auch der Krieg im ehemaligen Jugoslawien löst eine weitere  Flüchtlings- und Wanderungsbewegungen aus. Die Caritas schickt Hilfslieferungen in Krisengebiete und richtet gleichzeitig Beratungsstellen und Notunterkünfte für die Flüchtlinge ein.

Heute...

...umfasst die Arbeit der Caritas mittlerweile nahezu den ganzen Bereich des menschlichen Lebens: Kinder-, Behinderten-, Flüchtlings-, Obdachlosen- und Altenwohnhäuser, Mütter- und Familienhilfe, Ausbildungsstätten, mobile und stationäre Altenbetreuung, Hospizdienste, Rechtsberatung und Projekte für Langzeitarbeitslose sowie Katastrophen- und Entwicklungshilfe im Ausland.